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Petition blockiert: Bürokratie gegen Bürgerbeteiligung [Update #2]

Der Verband für Deutschlands Video- und Computerspieler (VDVC) und Stigma Videospiele haben im Frühjahr diesen Jahres eine Petition gegen die Indizierung und das Verbot von Videospielen beim deutschen Bundestag eingereicht. Diese Petition wurde jedoch abgelehnt, da sie inhaltsgleich mit einer Petition aus dem Jahre 2009 sein soll (für die wir im übrgen auch hier im Blog geworben haben). Das dem nicht so ist wurde heute in einer umfangreichen Pressemitteilung dargelegt:

Gemeinsam mit dem Verband für Deutschlands Video- und Computerspieler (VDVC) hat stigma-videospiele.de am 14.04.2011 eine Petition auf den Weg gebracht, die sich gegen das bestehende Verbot gewaltverherrlichender Videospiele (§ 131 StGB) sowie gegen die Indizierung (§ 15 JuSchG) in ihrer jetzigen Form richtet. Der Nutzen beider Maßnahmen ist umstritten, rechtfertigen lassen sich beide Gesetze nach Ansicht der Autoren kaum – schließlich wirkt der Index, entgegen der Intention des Gesetzesgebers, faktisch wie ein Verbot, während beim regulären Verbot Verstöße gegen Bestimmtheits- und Übermaßverbot nahe liegen. Die Veröffentlichung der Petition aber wurde vom Petitionsausschuss des Bundestags bisher durch bürokratische Mittel blockiert.

„Schon die von Stigma Videospiele erarbeitete Rohfassung war außergewöhnlich detailliert. Mit dem VDVC haben wir auf dieser Basis eine umfangreiche Begründung erarbeitet. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Politik versuche unliebsamen Argumenten durch verwaltungstechnische Kniffe zu entgehen“, kommentiert der VDVC-Vorsitzende Patrik Schönfeldt die Situation.

Man sei sich zwar darüber im Klaren gewesen, dass die Zielsetzung der Petition recht ambitioniert ist, war sich aber auch sicher, dass sie inhaltlich nicht nur überzeugend sondern auch richtig ist. Von daher sollte sie nicht bloß als ein symbolischer Akt verstanden werden, sondern die Politik anregen darüber nachzudenken, ob das Unterbinden von nach Auffassung des Bundestages gesellschaftlich unerwünschten Ausdrucksformen im 21. Jahrhindert noch als zeitgemäß betrachtet werden kann. Das Engagement und die Ernsthaftigkeit des Anliegens, kann auch an der Seite Spielepetition.de erkannt werden, auf der neben den Argumenten auch detaillierte Informationen über die historischen, politischen und rechtlichen Hintergründe der Debatte zu finden sind.

Angesichts der Schicksale andere Petitionen, die, während an der Petition gearbeitet wurde, abgelehnt wurden, ahnten die Beteiligten bereits, dass das eigentliche Problem bei an den Bundestags gerichteten Petitionen nicht die Werbung von Mitzeichnern, sondern das Erreichen der Freischaltung darstellt. So wurde beispielsweise eine Petition, die sich für eine Protokollierung des Abstimmungsverhaltens von Angeordneten und somit für eine transparentere Demokratie aussprach, mit der Begründung abgewiegelt, dass bei den maßgeblichen Entscheidungsträgern „grundsätzlich kein Bedarf“ an einer für den Bürger nachvollziehbaren Auszählung der Stimmen bestehe und sie daher offensichtlich erfolglos sei.

(...)

Die komplette Pressemitteilung kann man beim VDVC oder bei Stigma Videospiele nachlesen. Zur Petition gehts hier lang.

Update: Die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses und Piraten Susanne Graf  und Heiko Herberg haben sich an den Petitionsausschuss gewandt, mit der bitte ihre nicht nachvollziehbare Entscheidung zu überdenken. "Wenn ich für etwas bin, dann ist dass das selbe, wie wenn ich dagegen bin? Diese Frage hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gerade mit ja beantwortet…"

Update: Mittlerweile hat der Petitionsausschuss seine Ablehnung "angepasst": Die Petition werde nicht den gewünschten Erfolg haben, da sie (aufgepasst!) nicht der gegenwärtigen Handlungspriorität entspricht. Damit kann man nat. nahezu jede Petition, welche nicht ins Regierungskonzept passt ablehnen. Z.B. auch die bisher erfolgreichste Petition gegen Netzzensur. Und hier hat sich die Handlungspriorität sicherlich auch aufgrund der Petition um 180° geändert.

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