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Castle Rock 10 in Mülheim an der Ruhr am 03./ 04.07.09

Im folgenden mal wieder ein etwas längerer Eintrag in Form eines Festival-Review. Das Castle Rock feierte dieses Jahr seinen zehnten Geburtstag und wurde deshalb erstmalig zweitägig veranstaltet. Wir haben uns natürlich beide Tage gegeben, wobei der Freitag ganz klar für uns die interessanteren Bands anbot.

Zum Festival an sich:

Wir bzw. ich waren mittlerweile schon bei acht von zehn Castle Rocks und man kann somit zurecht vermuten, dass ich das Festival an sich schon mag. Es ist wunderschön im Burghof des Mülheimer Schloß Broich gelegen und dieses Szenario passt einfach wunderbar zu Musik und Publikum. Ich mag vor allem auch, dass es nicht so ein Riesen-Festival ist und man durch die Anlage des Burghofs auch als kleiner Mensch von weiter hinten die Bühne sehen kann. Die Preise sind in all den Jahren immer sehr fair gewesen und die Bandauswahl größtenteils gut, auch wenn ich nicht alle vor dem Festival kannte, habe ich hier viele interessante Neuentdeckungen machen können. Orga und Security sind okay, auch wenn ich immer noch nicht verstehen kann, warum seit drei Jahren auch keine Tetrapacks mit Getränken mehr mitgebracht werden dürfen. Vor allem im Anbetracht der Tatsache, dass Bier und Wasser gleich viel kosten - zwar nicht horrend viel, aber billig ist auch was anderes. Größtes Manko des Festivals ist das Catering vor Ort, welches sich seit neun Jahren nicht weiterentwickelt hat: Fettige Pommes, Bratwurst, Nackensteaks und eine Nudelpfanne aus der Tüte. Vegetarier sind stark eingeschränkt, Gäste jüdischen oder muslimischen Glaubens müssen fleischlos leben. Vom Gesundheitsaspekt der angebotenen Nahrung mal gar nicht zu sprechen. Zum Glück darf man Essen mitbringen. Die sich vor Ort befindlichen Verkaufsstände sind zwar zahlenmäßig wenige, aber gut ausgewählt mit sehr nettem Verkaufspersonal. Last but not least möchte ich noch darauf hinweisen, dass das Castle Rock von der Stadt Mülheim veranstaltet wird und das ist sicher eine Seltenheit, die erhalten bleiben sollte.

Freitag, 03.07.09:

Dummerweise hatten wir zwar extra nochmal nachgefragt, ob wir unsere neue Kamera-Errungenschaft mitbringen dürften, dann aber die SD-Speicherkarten zuhause liegen gelassen. Somit hatten wir zwar ne Kamera dabei, konnten aber trotzdem keine Fotos machen. Das hat niemand mehr bereut als wir, vor allem Micha von den Metallspürhunden hat mehr als ein exzellentes Motiv abgegeben. Aber: Es ist halt, wie es ist...

Metallspürhunde

waren einer der Gründe warum wir überhaupt Karten gekauft haben. Beim Castle Rock 2007 waren sie unsere Entdeckung des Festivals. Und sie wurden dem mehr als gerecht. Dummerweise wurde gleich der erste Song "Böse Wetter" zum unfreiwilligen Wetteromen. War es vorher noch unerträglich heiß gewesen, zogen plötzlich tiefschwarze Wolken auf, es wurde schlagartig dunkel wie die Nacht. Micha kommertierte das ganze schon recht besorgt und kurze Zeit später brach das Unwetter auch über uns herein. Ein wenig Regen wäre ja gar nicht schlecht und eine willkommene Ablenkung gewesen, aber was da herunterkam, konnten unsere billig gekauften Regenponchos bald nicht mehr bewältigen und Blitz und Donner sorgten dafür, dass ich Angsthase bald Unterstand suchte. Kurze Zeit später wurde der Auftritt auch erstmal unterbrochen, das Unwetter war zu heftig und auch die Instrumente der Musiker mussten geschützt werden. Ein Lob übrigens an die Veranstalter, die die Gebäude der Burg öffneten und uns somit die Möglichkeit gaben, uns sicher unterzustellen und zu warten, bis alles vorbei war. Nach einer guten Stunde Zwangspause ging es dann aber wieder weiter und wir wurden nicht enttäuscht: Micha und Co. machten genau da weiter, wo sie aufgehört hatten und rockten ordentlich. Einziger Wehmutstropfen: Sie haben "Amokherz" nicht gespielt. Schade. Ansonsten ist dem Eintrag auf ihrer eigenen Homepage wohl nur zuzustimmen, es war ein "legendäres Castle Rock".

Van Canto

klangen sehr ungewöhnlich in der Ankündigung: A-Capella Metall. Wie bitte? Ja, genau das habe ich auch gedacht. Geht doch gar nicht und überhaupt, wie wollen die das denn machen? Aber sie können, davon haben sie uns vollkommen überzeugt. Vier Sänger, eine Sängerin und ein Schlagzeug sind alles, was man braucht, um ne richtig gute Show zu liefern. Hätte ich es nicht besser gesehen, ich hätte schwören können, dass da mindestens noch ein Bassist auf der Bühne war. Toll, einfach nur toll. Grandiose Cover wie "Battery" von Metallica, "Fear of the dark" von Iron Maiden und - mein persönliches Highlight - "Wishmaster" von Nightwish. Au ja, die will ich unbedingt nochmal sehen. Nett und sympathisch waren die übrigens auch noch. Wirklich ne gute Live-Empfehlung.

Gothminister

durften am ersten Festivaltag Headliner sein. Und die Herren aus Norwegen wurden dieser Rolle vollkommen gerecht. Gewohnt düster rockten sie den Burghof. Der Sänger kam gewohnt charismatisch rüber. (Habe übrigens mal gelesen, dass der nebenher noch ne Rechtsanwaltskanzlei hat, ich würde mich ja von dem vertreten lassen.) Interessant auch, wie man eine normale Haushaltsleiter als Bühnenutensil verwenden kann. Diesmal haben mich Gothminister wirklich überzeugt, ich vermute mein etwas undifferenzierter Eindruck von ihrem Auftritt beim vorletzten Castle Rock waren wohl doch eher auf meinen Kopfschmerz-Anfall bei ihrem Gig zurückzuführen. Schade nur, dass die mal wieder keinen Merchandising-Stand da hatten, ich hätte ja doch gerne ein T-Shirt gehabt.

Samstag, 04.07.09:

Do Not Dream

durften den Samstag eröffnen. Wir hätten ruhig länger im Bett bleiben können. Sie klangen erst ganz interessant von der Besetzung her, Rockband mit männlichem und weiblichem Gesang, deutsche Texte und zusätzlichem Geiger. Nur was da dann auf der Bühne geboten wurde, war einfach nur schlecht. Er hatte zwar ne typische Metaller-Stimme, knödelte aber dermaßen beim Versuch zu Singen, dass es nicht mehr schön war und sie hatte ne Tonlage zum Metallzerschneiden. Puh, die ging durch und durch, war nicht angenehm. Und das Gehabe auf der Bühne war einfach nur peinlich. Nee, die hätte ich nicht gebraucht, definitiv nicht.

Mono Inc.

waren uns aufgefallen durch die vielen Leute, die mit T-Shirts von denen rumliefen. Naja, wir sind ja bekanntermaßen neugierig, also wieder ab in die vordersten Reihen. Und diesmal wurden wir nicht enttäuscht. Nein, das war Gothrock at its best. Der Sänger hat ne super Stimme und auch die anderen Musiker verstehen ihr Handwerk verdammt gut. Besonderer Blickfang: die Dame an den Drums, Miss Katha Mia. Spielt nicht nur saugut Schlagzeug, wie ihr Solo belegte, sondern singt nebenher auch noch mit... mit einer absolut tollen Stimme. Wow, Mono Inc. waren das absolute Highlight des zweiten Tages - nur leider die zweite Band und durften deshalb aus unserer Sicht viel zu kurz spielen.

Beloved Enemy

boten in der Person des Sängers zumindest viel Futter für die Augen, musikalisch war es für mich durchschnittlich. Okay, nicht wirklich schlecht, aber nichts, was mich mitgerissen oder angesprochen hätte. Teilweise war mir die Bühnenshow auch von zuviel Testosteron geprägt und der Witz von Songs wie "Fuck me back to life" hat sich mir überhaupt nicht erschlossen. Daran konnte auch die Tatsache, dass die Jungs zur Mitte des Sets beschlossen ihre Oberbekleidung auszuziehen, auch nichts ändern. Die Zeit hätte man auch gut draußen auf der Wiese relaxen können.

Lacrimas Profundere

waren mir zumindest dem Namen nach bekannt, daher hatte ich mich eigentlich sehr auf die gefreut. Leider vergeblich. War zwar sicher ein solider Gig, aber es kam nichts rüber. Keine Begeisterung, kein Gefühl, wirkte alles lustlos heruntergespielt. Und ich hatte den Eindruck, dass ich nicht die einzige im Publikum war, die so dachte. Wir haben dann lieber den Luxus ein wenig sitzen zu können genossen. Schade, ich glaube die hätten Potential gehabt, nur haben sie es leider nicht genutzt.

Eisbrecher

waren da schon ein ganz anderes Kaliber. Wir hatten Sänger Alexx schon mal live gesehen, als er noch bei Megaherz war und konnten uns da schon von seinen Frontman- und Entertainerqualitäten überzeugen. Auch diesmal wurden wir nicht enttäuscht. Eisbrecher spielten ein überaus gelungenes Set und hätten sicher auch nen würdigen Headliner abgegeben. (Ehrlich gesagt, ich hätte die auch lieber als den eigentlichen gesehen, aber dazu später.) Es gab wie üblich nette politische Ansagen "Von welcher Partei war eigentlich die Frau Bürgermeisterin? Ach nee, besser nicht fragen, noch ist sie sympathisch." :-) Übrigens, die Gerüchte, dass Sänger Alexx mit dem "Checker" von DMAX identisch ist sind - leider - tatsächlich war. Naja, er ist jung und braucht das Geld...?!?

Epica

haben das Darktiger-Team gespalten, was allerdings vorhersehbar war. Während ich auf diese Art von Metall total stehe, kann Maik da nicht wirklich was mit anfangen. Aus meiner Sicht waren Epica jedenfalls der dritte gute Act an diesem Tag, ich kannte sie vorher nicht, aber was ich da auf der Bühne sah und hörte, hat mir sehr gut gefallen. Die Sängerin hat ne astreine Stimme (Mezzosopran) und beherrscht sie absolut genial. Was mich allerdings mal wieder geärgert hat, war der Sound. Teilweise hörte man sie gar nicht oder viel zu leise. Ich verstehe immer noch nicht, wie sowas passieren kann, noch dazu beim Co-Headliner und dann bei so einem Act. Hier erwarte ich schon, dass sichergestellt ist, dass der Sound passt. Naja, ich war trotzdem so begeistert, dass ich mir ne CD von denen gekauft habe. :-) Übrigens auch toll, Review folgt demnächst.

Die Apokalyptischen Reiter

waren dann die letzte Band, die die Bühne in Mülheim betreten sollten. Endlich konnte ich also die Leute sehen, die meiner Meinung nach eines der beklopptesten T-Shirts anbieten, das ich jemals gesehen habe: Auf der Rückseite sieht man einen Panzer im Hintergrund und im Vordergrund den Spruch "Ich fresse Stahl und scheiße Ketten." Hätte Maik nicht voreilig und ohne zu fragen zwischendurch Bilder gelöscht, hätte ich jetzt sogar ein Beweisfoto. Der Bühnenaufbau sah recht interessant aus, unter anderem wurde eine Schaukel (siehe Fotos) für den (die meiste Zeit unterbeschäftigten) Keyboarder aufgebaut. Musikalisch fand ich sie ziemlich durchschnittlich, ganz okay, aber auch nicht wirklich toll. Einige witzige Ideen waren dabei und das Outfit von Keyboarder Dr. Pest war ein ziemlicher Hingucker. Aber Fan bin ich jetzt nicht geworden. Naja, muss man ja auch nicht. Eines muss ich aber doch noch loswerden: Liebe Apokalyptische Reiter, ihr seid einer zu viel. Es gibt nur vier Reiter: Hunger, Tod, Krieg und Pestillenz. Ihr seid aber fünf Bandmitglieder... wer ist denn Nummer fünf? Nicht, dass ich für Vorschläge nicht offen bin.

Fazit: War ein recht durchwachsenes Festival diesmal, leider. Die Gesamtnote mit vier Tigern ist daher auch wirklich eine Durchschnittswertung. Für den Freitag hätten wir locker fünf Tiger vergeben, für den Samstag wohl eher nur drei, daher waren vier für beide Tage zusammen der Kompromiss. Bin allerdings gespannt auf das nächste Jahr, angekündigt wurde, dass es wieder zweitägig sein soll.

4
Horch und Guck: