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Unsportlichkeit durch Tatsachenentscheidung

Grobe Unsportlichkeiten (oder "krass sportwidriges Verhalten") im Fußball haben leider seit jeher Konjunktur. Auch der "Videobeweis" konnte daran bis jetzt nichts großartig ändern. Problem ist zum einem die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters bzw. vielmehr, dass gegen diese keine nachträgliche Strafe erwirkt werden kann. Zum anderen (und einhergehend sowie verschärfend) ist der "Unwillen" von Seiten des DFBs und der DFL diesen Unsportlichkeiten Einhalt zu gebieten. Jüngstes Beispiel sind die Ellbogenchecks des Stuttgarter Lehmann und des Dortmunders Subotic vom vergangenen Samstag und die Einstellung des Ermittlungsverfahrens.

Was ist das Fatale an dieser Entscheidung? Es werden die falschen Anreize gesetzt. Wenn nach Schwalben und Tätlichkeiten keine Strafen drohen, warum sollte sich dann das Verhalten der Aktiven ändern? Dabei gibt es hier zwei Aufdeckungswahrscheinlichkeiten, die für das Verhalten der Sportler (und anderer Beteiligter) von Bedeutung sind. Zum einen ist hier die (relativ geringe) Wahrscheinlichkeit der Entdeckung durch den Schiedsrichter. Dies liegt in der Natur der Sache, da er eine Vielzahl von Aktionen aus nur einem Blickwinke und in Sekundenbruchteilen beobachten kann und bewerten muss. Dies ist keine Kritik am Schiedsrichter sondern eine schlichte Tatsache. Hat der Schiedsrichter einen "schlechten Blick" auf das Geschehen oder es nur im Augenwinkel gesehen, so fällt er eine Entscheidung "aus dem Bauch" heraus. Aber er fällt eine Entscheidung und diese ist unumkehrbar. 

Aber da gibt es zum anderen die sehr viel höhere und nahezu 100%-ige Aufdeckungswahrscheinlichkeit durch die zahlreichen Kameras aus allen möglichen Perspektiven. Kaum ein Geschehen auf dem Platz, welches nicht von mindestens zwei Kameras beobachtet wird. So auch im Fall Lehmann vs. Subotic. 

Nun spricht natürlich nichts dafür jegliche Aktionen auf dem Platz und darauf folgende Entscheidungen des Schiedsrichters im Nachhinein neu zu werten (beurteilt und kommentiert werden sie allemal). Tor- oder Foulszenen durch die Kameras während oder nach dem Spiel zu interpretieren, würde das Spiel und die Ergebnisfindung unnötig verzögern. Ein fälschlich gegebener Elfmeter, ein Abseitstor oder ein Ball hinter der Linie (egal welcher) gehören nun mal (ebenfalls leider) zum Spiel.

Nicht zum Spiel gehören allerdings Tätlichkeiten, wie Ellbogenchecks oder grobe Unsportlichkeiten, wie Schwalben. Erstere sind ein billigend in Kauf genommener oder absichtlich herbeigeführter Angriff auf die Gesundheit des Gegenspielers, letztere einfach "nur" unfaires Verhalten. Beides will man eigentlich auf dem Fussballplatz nicht sehen. Aktiv vorgegangen gegen solche Handlungen wird allerdings auch nicht. Dabei würde nichts dagegen sprechen. Durch eine nachträgliche Bestrafung würde das Ergebnis und auch die Autorität des Schiedsrichters nicht angetastet, im Gegenteil, sogar gestärkt: Können bis jetzt nur fälschlich erteilte Platzverweise zurückgenommen werden (kein Spiel Sperre), kann nachträglich keine Sperre erteilt werden (solange der Schiedsrichter irgendetwas gesehen haben will). Eine "Fehlentscheidung" des Schiedsrichters bei grob sportwidrigen Verhaltens könnte also geheilt werden, ohne dem Schiedsrichter diese Fehlentscheidung ewig nachhalten zu müssen.

Durch die nachträgliche Sanktion würde jedoch die Aufdeckungswahrscheinlichkeit schlagartig von gegen Null auf nahezu 100% ansteigen und die Anreize für derartiges Fehlverhalten gegen Null gehen lassen. Eine Tat wird (geschieht sie nicht aus Affekt oder Trieb) i.d.R. nur dann durchgeführt, wenn der Nettonutzen positiv ist. Der Nutzen ist ein zusätzliches Tor, der Gewinn des Spiels oder der "Verlust" eines Gegenspielers. Die Kosten der Tat sind die Strafe in Verbindung mit der Aufdeckungswahrscheinlichkeit. An ersterem mangelt es eigentlich nicht. Muss ein Spieler wegen einer Kopfnuss für vier Spiele auf die Tribüne, so tut dies dem Spieler und der Mannschaft/Verein ausreichend weh. Liegt die Aufdeckungswahrscheinlichkeit jedoch nur bei bspw. 10%, betragen die Kosten pro Kinnhaken "nur" 0,4 Spiele.

Ein Trainer, Vereinsboss oder die Mitspieler hätten sicherlich kein Verstandnis (mehr) dafür, wegen solch einem Delikts für zahlreiche Spiele auf den "Profi" verzichten zu müssen. Zur Zeit werden sie jedoch noch von ihren Trainern zum unsportlichen Verhalten angestachelt bzw. wird dieses vorgelebt,  Volker Finke oder Norbert Meier gaben gute "Vorbilder" ab.

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Maik Hetmank: